Am Ende war überall Sand. Sand, wenn er sich mit den Fingern durch die dünn gewordenen Haare Strich. Sand auf seinen Armen und Beinen, Sand auf seinen Kleidern, auf dem Badetuch sowieso, als er es rollte und in seine Strandtasche steckte. Alles Ausschütteln und Ausklopfen hatte nichts geholfen. Der Sand war überall. In den Ritzen seines Telefons, in seinen Ohren, zwischen seinen Zähnen. Sand. Die Sonne näherte sich rasch dem Horizont. Nichts konnte sie aufhalten, und sie versuchte nicht einmal, ihr Untergehen zu verbergen – man konnte ihr zusehen dabei. Wer heute noch irgendetwas hatte bei Tageslicht erledigen wollen, auch nur eine unbedeutende Kleinigkeit, hatte es verpasst und musste darauf hoffen, dass er morgen aufwachen und tatsächlich die Chance kriegen würde, es doch noch zu tun. Heute war es für alles zu spät. Alles, was für heute übrigblieb, war dieser sich schnell dunkel färbende Sand, der überall eingedrungen war und sich ausbreitete und alles übernahm. Er fuhr langsam mit seinem Fahrrad durch den Park und gab dabei Acht, nicht im Halbdunkel gegen ein Hindernis zu prallen oder über einen grossen Stein zu fahren. Seine Augen hatten Mühe im Dunkeln. Beim Verlassen des Parks kam er einmal mehr am japanischen Haus vorbei. Es war kein japanisches Haus. Er war nie in Japan gewesen. Dieses Haus war seine einzige Erinnerung. Jedesmal, wenn er am Abend hier vorbeikam, meist mit dem Fahrrad, auf dem Heimweg aus dem Park, wenn es langsam dunkel wurde, stand im ersten Stock des Hauses ein Fenster offen und ein warmes Licht schien in einem Zimmer, von dem man von der anderen Seite der Strasse nur die Decke sah. Er blieb stehen, blickte zum warmen Licht hoch und fragte sich, wer wohl hier wohnte. Es war unterdessen ganz dunkel geworden. Er hatte Durst, war müde und wollte nachhause, aber irgendwie kam er nicht los vom Anblick des Zimmers mit seinem warmen Licht. Er stand noch immer auf der anderen Strassenseite, als die Haustüre aufging und eine Frau auf den Gehsteig trat. Im schwachen Licht der Strassenbeleuchtung glaubte er, asiatische Gesichtszüge zu erkennen. Aber er irrte sich sicher. Es war dunkel genug für einen Wunsch. Die Frau machte ein paar Schritte, stellte zwei Müllsäcke an den Strassenrand und verschwand wieder im Hauseingang. Als die Ampel auf Grün sprang, wohl zum vierten oder fünften Mal, seit er da stand und zum Fenster hochblickte, überquerte er die Strasse.Als er an den Müllsäcken vorbeiging, sah er, bevor er wieder auf sein Fahrrad stieg, dass sie undicht waren. Feiner, dunkler Sand rann auf den Gehsteig.
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