Unsachdienliche Hinweise

Lassen Sie es mich gleich zu Beginn ganz klar sagen, Herr Richter, ich will Sie nicht enttäuschen und Ihnen ihre wertvolle Zeit rauben, denn ihre Zeit ist wertvoll, weil sie vom Staat bezahlt werden, und somit letztlich von dessen Bürgern: Meine Hinweise werden ihrer Sache nicht dienlich sein.

Anders als das, worum die Polizei normalerweise bittet, sind meine Hinweise völlig unsachdienlich. Was nicht heissen will, dass sie unsachlich daherkommen. Sie sind durchaus auf eine Sache bezogen, indem sie darauf hinweisen, aber sie versuchen eben auch, wenn Sie gestatten, davon abzulenken, wobei sie es so gut wie möglich vermeiden, dienlich zu sein.

Es geht meinen Hinweisen ums Prinzip und mir als Hinweisendem um die Ehre. Nicht um meine, ich bitte Sie, die steht hier nicht zur Diskussion. Es geht um die Ehre derer, auf deren Gesinnung Sie sich Hinweise erhoffen von mir. Es geht um deren Sache im Unterschied und in Abgrenzung zu Ihrer Sache. Es geht also eigentlich um die gleiche Sache.

Nur hätte diese Sache, sagen meine oppositionellen Freunde, und man muss ihnen Recht geben, sobald man einmal verstanden hat, was sie meinen, von Anfang an genauer definiert werden müssen. Wessen Sache? Worum geht es genau? Wem sollen wir Hinweise geben, worauf, auf wen? Und wem wird letzten Endes damit gedient?

Wer einen Dieb verrät, Herr Richter, da wir sind uns einig, handelt im Interesse der Bestohlenen. Auch wenn diese das ihnen nun entwendete Gut unrechtmässig erworben haben. Auch wenn sie es ursprünglich dem Dieb oder dessen Eltern und Grosseltern entwendet oder vorbehalten hatten. Mit sachdienlichen Hinweisen ist deshalb grösste Vorsicht und Zurückhaltung walten zu lassen.

Unversehens dient man sonst einer Sache und damit Herren, denen man eigentlich gar nicht dienen möchte. Damit soll nicht gesagt sein, dass ich Diebstahl gutheisse, euer Ehren. Keinesfalls. Diebstahl ist zu verurteilen, Herr Richter. Ganz klar und in jedem Fall.

Aber eben früh genug. Im Anfangsstadium sozusagen. Wenn sich die einen auf Kosten der anderen bereichern. Nicht erst dann, wenn die anderen verzweifeln und in ihrer Verzweiflung darin Zuflucht suchen, die einen zu bestehlen. Das meine ich, wenn Sie mich fragen, ob ich sachdienliche Hinweise habe. Ich habe keine. Ich habe nur unsachdienliche, und es beruhigt mich, Ihnen damit nicht gedient zu haben.

2 Antworten to “Unsachdienliche Hinweise”

  1. Anonymous Says:

    Anonym? Nein, ich bin’s, Hot Nick (kenne mich mit diesem System nicht so aus…

  2. Anonymous Says:

    Walter Kafkat in Ankara – fabelhaft!

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