Die Ziegel stammen aus Treviso. Sie versuchen, diskret zu sein, aber sie sind etwas aufdringlich, vor allem im Sommer. Es gelingt mir nicht, auf einen Stuhl auf meiner Terrasse zu sitzen und den Kopf in den Nacken zu legen, ohne den Schriftzug zu lesen. Ich war noch nie in Treviso, was mir aber vermutlich nicht geschadet hat, denn es soll sich von je her um eine undankbare Stadt gehandelt haben.
Obwohl sie 1164 von Barbarossa den Status einer reichsfreien Stadt erhielt, hat sie sich kurz danach von ihm ab und seinen Feinden zugewendet. Barbarossa musste seine Gemahlinnen danach anderswo umbringen und Treviso erlebte in der Folge seine Blütezeit. Der Herrschaftsbereich wurde ausgedehnt und die Stadt ausgebaut, hauptsächlich mit Ziegeln. Die trevisischen Dachdecker waren dermassen geschickt und schnell, dass die Maurer und Zimmerleute nicht mehr nachkamen. Ein Teil des neu erworbenen Herrschaftsgebietes von Treviso bestand in den nächsten 175 Jahren vor allem aus flachen Ziegeldächern, die gespreizt und giebellos auf dem eroberten Boden lagen. Das konnte auf die Dauer nicht gut gehen, weil die neuen Untertanen sich bald beschwerten und nach Herren Umschau hielten, die Unterstand anbieten konnten. Treviso verlor nach und nach seinen Einfluss auf die Landschaft und musste sich 1339 in den Schutz von Venedig begeben, mit dem es seither einigermassen solidarisch untergeht.
1797 übernahmen die Österreicher die Macht in Treviso und gaben sie erst 1866 wieder zurück. Vorherige Anfragen waren jeweils mit dem Bescheid abschlägig beantwortet worden, man könne Ziegelfabriken nicht an ein Fürstentum zurückgeben und warte auf die Entstehung eines italienischen Nationalstaates. Aber wie gesagt, ich war nie selber dort und man müsste das alles einmal nachprüfen.
Hingegen war ich in Teheran und in Berlin. Von allen drei Städten hat mir Teheran am besten gefallen. Der damalige Staatspräsident galt im Westen als liberal, bis ihm jemand ein Wörterbuch schenkte. Heute ist alles komplizierter und undurchsichtiger. Der Nachfolger des Nachfolgers des damaligen Präsidenten bedroht den Staat, in dem ich momentan lebe, mit Vernichtung, und ich bin der einzige hier, der nach Berlin ausweichen könnte.
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